Thema 2019

Auf der Suche nach Quellen der Gesundheit in der menschlichen Biographie erwartet uns nach Geburt, Kindheit, Jugend und dem Erwachsensein nun eine besondere Schwelle. Wir möchten uns der Weisheit des Alters widmen, die vom herannahenden Tod geprägt ist, um daran das Leben in einer tieferen Dimension zu erfahren. Dieser Abschluss unserer Ausbildungsreihe bedeutet zugleich einen Abschied von dem jährlichen IPMT in Český Krumlov, das in dieser Form zum letzten Mal stattfinden wird.

In einer Zeit, in der unsere Lebenserwartung rapide steigt, werden die damit verbundenen Probleme oftmals tabuisiert. Neben der gewaltigen demographischen, ökonomischen und psychosozialen Herausforderung, sind es vor allem die persönlichen Konfrontationen mit chronischen Erkrankungen, Schmerz und Einsamkeit, welche als ernstzunehmende Schatten des Lebensherbstes gelten. Doch so wie die welkende Blüte eine reifende Frucht mit Zukunftssamen trägt, trägt auch das Altwerden entscheidende Aufgaben und Perspektiven in sich. Wie gelingt die Verwandlung des materiellen Abbaus in soziale Reife und geistige Orientierung? Wodurch können die Ideale der Weisheit, Güte und Liebe entwickelt werden? Und wie gilt es das junge Leben zu ergreifen, um ein gesundes Altern zu bahnen?

All dies führt unmittelbar auch zu einer Auseinandersetzung mit dem Rätsel des Sterbens und des Todes. Die heutige Medizin wird paradoxerweise sowohl durch den Wunsch geprägt, das Leben bis zuletzt zu verlängern, als auch den Sterbeprozess radikal zu verkürzen bis hin zum selbstbestimmten Suizid. Im Bewusstsein dieser ethischen Gratwanderung scheint es uns wichtig, den Grundpfeilern einer menschenwürdigen Palliativmedizin und Sterbekultur neu nachzuspüren. Denn vielleicht ist der Tod gar kein Endpunkt, sondern nur eine Schwelle zu einer neuen Existenz. Dieses Geheimnis hat Menschen seit jeher in Religionen und Weisheitstraditionen bewegt. Die Anthroposophie versucht diesem Rätsel zunächst in alltäglichen Erfahrungen näherzukommen. Wo begegnen wir Alters- und Sterbeprozessen in der Natur und im Kosmos? Was haben der Schlaf und das Vergessen mit dem Bruder Tod zu tun? Inwiefern sind Abbauprozesse die Voraussetzung für das Aufkeimen des menschlichen Bewusstseins? Und in welcher Art äußern sich Schwellenerfahrungen im Rahmen spiritueller Übungen, Meditation oder Gebet? Durch das Erleben der Signatur des Todes im Kleinen, mögen sich auch größere Zusammenhänge bis hin zu Reinkarnation und dem Rätsel des Schicksals erschließen. Denn je mehr wir das eigene Menschsein innerlich erfahren, desto umfangreicher kann das Erleben der äußeren Welt werden.

In diesem Sinne möchten wir herzlich zu dieser letzten Ausbildungsreihe im Dreiländereck Tschechien, Österreich und Deutschland einladen!